Feuer und Flamme: Yacht Charter auf Sizilien
Sizilien als größte Mittelmeerinsel gehört zwar zu Italien, ist aber eine Welt für sich. Auf der Suche nach Kultur und Geschichte wird man mit den beiden Seiten der Realität konfrontiert. Mit dem sonnigen Postkartenimage und dem Alltag in Bella Sicilia.
Segeln um Sizilien: Der Vulkan Stromboli spuckt Magma aus.
Ungefähr eine Viertelstunde warten, dann rülpst Stromboli nochmals. Da! Jetzt spuckt er wieder glühende Magma aus. Das Spektakel ist nur kurz, aber eindrücklich. Speziell bei Nacht. Wir dümpeln mit unserer gecharterten BAVARIA Cruiser 50 Segelyacht vor dem Feuerberg und staunen, speziell unsere Töchter. Tags zuvor hatten sie auf Vulcano noch die Nase gerümpft über den allgegenwärtigen Geruch von Schwefel – so riechen faule Eier. Hier vor dem Feuerspucker betrachten wir das Schauspiel aus sicherer Entfernung – auch geruchsmäßig. Das regelmäßige Ausspucken kann auch anders. Ab und zu wird der Rhythmus durch stärkere Eruptionen unterbrochen. Im Sommer 2014 ergoss sich mehrere Wochen lang Lava an der Nordwestseite über die Sciara del Fuoco ins Meer, und es entstand eine Art „Lavasandbank“.
Ein Spaziergang durch Cefalù auf Sizilen.
Die Äolischen Inseln sind das erste Highlight unserer Yachtcharter in den Sommerferien. Eine lockere Tagesetappe liegen Strombolis Schwestern Vulcano, Lipari und Salina von der Dream Yacht Charter Basis in Portorosa weg. Der ganze Archipel (zusammen mit den Inseln Panarea, Filicudi und Alicudi) heisst nach dem griechischen Windgott Äolus. Ganz zu recht, wie wir am ersten Tag der Anreise auf die Vulkaninseln feststellen müssen. Natürlich bläst uns der Mistral über das Meer auf die Nase. Zwar nur noch ein Restwind, aber immerhin. Durch das Nordwestwind‐ Regime blieben alle Yachten im Hafen, die geschütze Marina unweit der offenen Stadtquais von Lipari war knallvoll. Also Ankern vor Marina Corta mit seinem malerischen Kirchlein auf der Hafenmole. Unser Boot verfügt zum Glück über genügend Kette, denn die Tiefe nimmt um die Vulkaninseln rasch zu. Als der Schwell sich legt, wird unser Boot vom Wellenschlag der immer noch intensiv hin und her fahrenden Kleinfähren, Schnell‐ und Tragflügelbooten geschüttelt. Erst um Mitternacht beruhigt sich das Ganze.
Marina Capo d‘Orlando
Am nächsten Tag erleben wir das quirrlige Lipari und verstehen die Lebendigkeit Italiens. Ein lebhaftes Kommen und Gehen herrscht im bunten Hafenstädtchen, viele Touristen, fröhliche Ferienstimmung. Etwas weniger Trubel herrscht im Museo Archeologico Eoliano, das auf dem Burghügel liegt. Unbedingt sehenswert! Die Fülle der Fundstücke, unter anderem viele prähistorische Keramiken, erschlägt einem fast. Und man wundert sich, wer hier bereits im Neolith alles durchgezogen sein mußte. Der Handel blühte, Bronzewaffen und vulkanisches Obsidianglas mit seinen scharfen Kanten waren beliebte Tauschgüter.
Die Kathedrale in der Wüste
Nach etwas Sightseeing um die Inseln setzen wir die Segel und nehmen mit unsetrem Boot Kurs auf Capo Orlando, wo eine nigelnagelneue Marina eröffnet wurde. Als wir die Segel wieder bergen und mit unserem in den Hafen einlaufen wollen, befehligt uns ein aufgeregter Mitarbeiter am „Checkpoint“ der weitgehend leeren Anlage zu warten. Dann zeigt sich weiter innen ein weiterer Mariniero im Schlauchboot, der sichtlich auf unser Entgegenkommen wartet. Was tun? Dem Befehl gehorchen oder auf die Vernunft hören? Da die Einlauf‐Prozesse anscheinend noch etwas abstimmungsbedürftig sind, entscheiden wir uns pro Schlauchboot. Wir haben mit unserem Boot viel Raum für das Anlegemanöver, jede Menge freier Plätze, ein ungewohnter Anblick im Mittelmeer und besonders in Italien. Die Mooringleinen sind rot und im Hafenbüro riecht es nach frischer Farbe, alles ganz modern und hell. Die Servicesäule am Liegeplatz wird nach Bezahlung der Liegegebühr durch den Skipper im Remote‐Modus freigeschaltet. Die Signora am Tresen heisst Lara und kommt aus Berlin. Die Liebe hat sie nach Capo Orlando und Italien verschlagen. Sie bietet uns die Gratis‐Fahrräder der Marina an, um das etwas entferntere Städtchen zu besichtigen.
In der Marina selbst ist jetzt im Juli noch nicht viel los, aber in diversen Shops und Snackbars wird fieberhaft gearbeitet, damit zur Hauptsaison im August der Rubel rollen kann. Unser Apéro‐Besuch im Casa del Vino mit lokalen Tapas und Weinen ist schon mal ziemlich vielversprechend. „Cattedrale nel deserto“ nennt man in Italien etwas übertrieben Aufwändiges, das nutzlos irgendwo im Niemandsland steht. Die vielen leeren Plätze der Euro‐Marina auf Sizilien werden sich aber nach und nach rasch füllen, denn die Lage ist ideal und der Service nicht für die Yachtcharter perfekt.
Die Bucht Cala Rossa auf Favignana.
Auf den Spuren der Normannen auf Sizilien
Next Stop: Cefalù. Wer sich der Stadt mit dem Boot auf dem Seeweg nähert, wird unweigerlich vom normannischen Dom in den Bann gezogen. Dieser thront über der weißen Stadt, ein Symbol kirchlicher und auch militärischer Macht. Geschützt vom markanten Felsen, der sich auch aus der Ferne als unverwechselbare Ansteuerungshilfe anbietet. Der Skipper gibt das Kommando: „Wir ankern mit unserem Boot vor der Stadt und geniessen den Anblick des Häusermeers in der Abendsonne.“ Abends stürzen wir uns ins Getümmel in den Gassen und begutachten mit anderen Yachtcharter Crews die Restaurants.
Wir wählen eines mit einer Terrasse direkt über dem Meer – wir können eben nie genug vom Mare Nostrum kriegen. Am Horizont sind noch viele Segel zu sehen. Der nächste Morgen steht im Zeichen von Kultur und Kommerz (Shopping und Bunkern). Zuerst also Besuch des Normannen‐ Doms, wo das berühmte goldene Christus‐Bild leider gerade renoviert wird. Der Stoffvorhang mit dem aufgedruckten Bild in Originalgröße ist nur ein schwacher Ersatz. Doch allein schon die Architektur ist eindrücklich. Roger von Hauteville legte 1131 den Grundstein, 17 Jahre später war der Dom mit den beiden unterschiedlichen Türmen vollendet.
Segeln um Sizilien: Blick in das Naturreservat Lo Zingaro
Der Ritter verstand es, in Sizilien mit den Muslimen und Griechen gemeinsam zu leben und sich ganz langsam zum Herrscher der Insel zu machen. Ganz anders in England, das die Normannen mit viel Grausamkeit in kürzester Zeit erobert hatten. King Roger handelte in Sizilien viel klüger. Jede ethische Gruppe hatte eine Aufgabe zu erfüllen, die ihren Stärken entsprach. So war es bereits Tradition, dass immer ein Grieche Flottenkommandant der Normannen war – sie galten als die besten Seeleute ihrer Zeit. Die Aufsicht der Staatsfinanzen führten die Araber, die sich durch mathematische Kenntnisse auszeichneten. Mit den arabischen Ziffern war man jedenfalls schneller beim Rechnen als mit den römischen. Und für das oben genannte Christus‐Portrait im byzantinischen Stil hatte Roger eigens Künstler aus Konstantinopel kommen lassen. Durch die Reichtümer, die er bei seinen Beutezügen und der Eroberung der Insel angehäuft hat, kann er sich ein stehendes Heer und die stärkste Flotte seiner Zeit leisten. Als er 1101 stirbt, herrscht Frieden und Wohlstand auf Sizilien.
Brandheiss
Die drückende Hitze lässt auch nachts nicht nach, am nächsten Tag ist die Luft grau und diesig. In den Bergen brennt es auf riesigen Flächen, auch das Naturreservat und Openair‐Museum Lo Zingaro werden Opfer der Flammen. Im Circolo Nautico, der unseren Steg verwaltet, wird offen über Brandstiftung gesprochen. Selbst Feuerwehrleute würden bestochen, damit sie ihren Job nur halbherzig machen. Die Löschflugzeuge seien noch auf dem „Continente“, sprich auf dem italienischen Stiefel, im Einsatz. Sizilien habe eben nur zweite Priorität. Tatsächlich sehen wir den ganzen Tag keinen der legendären Canadair‐Brummer, die Flammen wüten immer schlimmer, besonders in der Nacht ist das Spektakel ziemlich eindrücklich. Abends geht dann im Ort nichts mehr. Alle Bankautomaten sind ausgefallen, da das Feuer die Landleitungen gekappt hat, Bezahlen mit Kreditkarte unmöglich. Cash regiert in San Vito lo Capo.
Die nächsten Tage verbringen wir typisch für Yachtcharter Crews auf den Egadischen Inseln. Unser Törnplan führt uns auch in die Bilderbuchbucht Cala Rossa auf Favignana. Terminlich etwas ungeschickt, es ist ein herrlicher Sommersonntag, halb Trapani ankert vor den Tuffsteinbrüchen. Das Verchartern von Ribs und Motorbooten muss ein Riesenbusiness sein. Wir bugsieren uns am Rande der bunten „Inwater Boatshow“ ins Getümmel, nicht ganz seemännisch, aber die Gummiböötler nehmen es mit Humor, schließlich liegen wir hier alle dicht an dicht und Italiener sind nicht gerne alleine. Gegen 17 Uhr beginnt der Exodus der Schlauchboote. Eines nach dem anderen verlassen sie ihre Ankerplätze und brettern zurück nach Trapani.
Leider nehmen am Abend Wind und Dünung derart zu, dass auch wir die leere Bucht schweren Herzens verlassen, die Segel setzen und nach Levanzo rüberkreuzen, wo wir uns im Lee der Insel verholen. Wir ankern vor dem gleichnamigen Ort und bereuen unsere Entscheidung gleich nach dem Abendessen. Auf der Hafenmole nimmt die Dorfdisco ihren Betrieb auf, auf einem Pick‐up stehen riesige Boxen, die in die Nacht hämmern. Pump up the volume! Auch der Wind macht mit, bläst immer stärker und unsere Bavaria schwoit aufgeregt am Anker. Gegen 2 Uhr plötzlich Stille, jetzt könnte man schlafen. Gegen 5 Uhr weckt die diensthabende Ankerwache (sprich: die beste aller Ehefrauen) den schlummernden Skipper: das Tankschiff ist im Anmarsch, alle Yachten müssen die Reede räumen. Wir machen das Beste aus der Situation und nehmen wieder Kurs Nord.
Rund Sizilien war eigentlich der Plan für unsere Yachtcharter dieses Jahr. Aber aus Nordwesten kündigt sich Starkwind an. Wenn wir weitersegeln, müssten wir jeden Tag viel Strecke machen und haben keine Reservetage bei unserer Yachtcharter. Also lieber wieder auf dem gleichen Weg entlang der Nordküste wieder zurück, zu sehen gibt es ja noch genug.
Blick in die Buch von Cefalù.
Vierradfieber
San Vito lassen wir dieses Mal rechts liegen, umrunden den höchsten Leuchtturm Italiens und segeln mit Südkurs in den weiten Golf von Castellamare hinein. Von den abgebrannten Bergflanken rauschen heisse Fallböen herunter, in Windeseile nähern wir uns der Stadt Castellamare. Gemäss Hafenhandbuch verwalten drei Organisationen die einzelnen Stege. Welcher ist wohl der beste? Das Schicksal nimmt uns die Entscheidung ab. Ein Motorboot überholt uns und fragt, ob wir einen Liegeplatz möchten. Ja klar! Also bitte folgen Sie uns, sagen die netten Leute zu uns Yachtcharterern. Gesagt, getan und so kommen wir an den Steg von Giuseppe zu liegen. Den lernen wir gleich nach dem Festmachen näher kennen. Seine Betreiberfirma fungiert als Segelclub, das ergibt weniger Bürokratie. Als ich erwähne, daß wir gerne den Tempel von Segesta besichtigen wollen, verwandelt er sich in einen perfekten Touroperator. Mit zwei Telefonanrufen organisiert er für den nächsten Tag einen Mietwagen vor den Steg. Selbst mein Wunsch, den Tempel auf Quads zu besichtigen, bringt ihn nicht in Verlegenheit. Ganz im Gegenteil, sein Cousin und Namensvetter betreibt den Quadverleih und zufällig sind noch zwei Quads frei. Glücklich ob so viel schicksalshafter Fügung bummeln wir unbeschwert durch das sehenswerte Castellamare und freuen uns auf unseren Landausflug. Der Quad‐Trip entpuppt sich als eine äußerst lehrreiche Rallye mit hohem Funfaktor duch Felder und Weinberge, mit mehreren Stops, wo wir uns an selbst geernteten Trauben, Melonen und Tomaten gütlich tun dürfen.
Segeln um Sizilien: Blick in die Buch von Tonnara Scopello.
Und dann nach ein paar Kurven durch ein verzaubertes Tal sehen wir ihn – den dorischen Tempel von Segesta, fast ein bißchen unwirklich im Abendlicht.
Am nächsten Morgen (draußen weht der Mistral) wollen wir unseren Mietwagen noch für den Besuch der Tonnara in Scopello ausnützen. Doch die wunderschön gelegene, ehemalige Thunfischfabrik ist touristisch dermassen belagert, dass wir zwei Stunden für die Besichtigung warten müssten. Wir kehren um, fahren zurück und sind plötzlich von dichtem grauen Rauch umgegen. Im Schritttempo fahren wir weiter, dann plötzlich Blaulicht, Polizei, Feuerwehrleute. Man winkt uns durch, links und rechts züngeln Flammen. Die Waldbrände sind zurück, der Wind heizt tüchtig ein. Später auf der Piazza in Castellamare schauen wir zu den Bergflanken hoch, wo es lichterloh brennt. Die Feuerwehrleute versuchen, die einzelnen Häuser vor dem Feuer zu bewahren, die restliche Natur wird verteidigungslos den Flammen überlassen. Und dann taucht tief brummend das heiß ersehnte Canadair‐Löschflugzeug auf. Im Sturzflug lädt es seine 6’000 Liter Wasser ab, ein Tropfen auf dem heissen Berg. Doch bei jedem Anflug wird der Pilot mutiger, immer spektakulärer, aber auch wirkungsvoller werden seine Abwürfe. Die Leute auf der Piazza applaudieren, als die Flugshow Wirkung zeigt.
Quad-Tour bei Casetellamare
Das Gute lag so nah
Als wir nach zwei Wochen Yachtcharter wieder mit unserer Yacht aufkreuzen, erinnern wir uns der Worte von Natale, dem netten Herrn vom Check‐in zu Beginn unserer Yachtcharter. Er hatte in höchsten Tönen von der näheren Umgebung geschwärmt, von Capo Tindari, der sandigen Landzunge, vom Naturreservat. Wir wollten ja ursprünglich die Insel mit unserer Yacht umrunden und ließen die guten Tipps für Yachtcharter Crews links liegen. Doch jetzt, am letzten Nachmittag auf See, müssen wir uns eingestehen, dass auch das Revier im Patti Golf durchaus seine Reize hat.
Segeln um Sizilen: Die Liparischen Inseln voraus.
Lesenswert
Perfekt zur Einstimmung für die Yachtcharter Sizilien:
Sizilien – eine Geschichte von der Antike bis in die Moderne von John Julius Norwich. Geballte Ladung an Geschichte, mit Leichtigkeit erzählt. 367 Seiten. Klett‐Cotta, ISBN 978–3–608–94930
Marinas & Moorings
Wer nicht gerade bei seiner Yachtcharter Sizilien im August unterwegs ist, sollte eigentlich immer Platz finden. Wenn sich Starkwind ankündigt, frühzeitig sicheren Schutz suchen. Die wenigen Häfen z. B. auf den Aeolischen Inseln sind dann rasch voll.
- Salina, Porto delle Eolie
- Marina Villa Igea, Palermo
- Circolo Nautico San Vito Lo Capo
- Liparische Inseln
- Marina Porto Orlando
Nützliche Links für Yachtcharter in Sizilien
Marina Salina: www.portodelleeolie.com
Capo Orlando Marina: www.capodorlandomarina.it
Bojen Eolische Inseln: www.ampisoleegadi.it
Steg Castallamare: www.clubnauticodelgolfo.com
Quad-Exkursion Segesta: www.segestatour4x4.it