Am Anfang war die Skizze – Yacht Design von Marco Casali

Wer ist der Designer, der die erste Flybridge‐Yacht von BAVARIA entworfen hat? Marco Casali schrieb mit der Virtess 420 Fly ein neues Kapitel in der Geschichte erfolgreicher BAVARIA‐Yachten. Jetzt setzt der dynamische Architekt seinen Zeichenstil vermehrt bei der S‐ und der SR-Linie an.

Eine erste Design-Skizze von Marco Casali.

Eine erste Design-Skizze von Marco Casali.

Marco Casali braucht keine lange Aufwärmzeit. Vom ersten „Buongiorno“ bis zur angeregten Unterhaltung vergehen lediglich Sekunden. Das distanzierte Sie wird sofort übersprungen: „Wir sind doch alles Männer des Meeres!“ Casali fuhr schon als Knirps mit seiner Familie aufs Meer, im Hafen betrieb er an der Hand seines Vaters „yacht watching“. Zuhause zeichnete er dann seine Vision eines Traumbootes, von sechs bis 10 Jahren füllte sich so seine Mappe mit Skizzen schnittiger Motorboote. Zum Glück bewahrte seine Mutter diese Jugendwerke auf, sonst würde man es eher als PR‐Gag abtun.

Auch später zog es ihn aufs Wasser, zuerst als Surfer, dann als Tornado‐Segler. Im Urlaub charterte er mit Freunden am liebsten eine BAVARIA‐Segelyacht: „Die waren einfach zuverlässiger als andere Boote! So konnten wir unsere Ferien in Griechenland und Kroatien unbeschwert genießen."

Yacht Designer Marco Casali im Interview.

Yacht Designer Marco Casali im Interview.

Vom Architekturstudium zur Selbstständigkeit im Yacht Design

Zuerst studierte Casali Architektur, doch die Passion fürs Meer holte ihn wieder ein. Bei einem Wettbewerb, wo eine nautische Zeitschrift ihre Leser aufforderte, ihr Traumboot zu zeichnen, gewann er den 1. Preis. Daraus resultierte eine jahrelange Zusammenarbeit mit den besten Yachtdesignstudios Italiens, bis er sich schließlich 2004 selbstständig machte.

Auch wenn er bereits für namhafte Marken erfolgreiche Yachtprojekte entwickelt hatte, kam der Anruf aus Giebelstadt überraschend. „Zuerst dachte ich an einen Scherz, BAVARIA arbeitete damals auch mit BMW Design zusammen.“ Casali weiß, was Eigner suchen. Denn er kennt die dazugehörigen Emotionen aus eigener Erfahrung. Auf wenig Raum trotzdem alles dabeihaben, dazu eine Prise Komfort, viel Nähe zum Wasser und ab und zu auch den Geschwindigkeitskitzel, wenn es sportlich von A nach B geht.

Der Sitz von Marco Casalis' Too Design.

Der Sitz von Marco Casalis' Too Design.

Ein neues Design für die S‐Line

Bei der S‐Linie von BAVARIA YACHTS war Casali auf anderen Ebenen gefordert. Hier ging es nicht um Revolution, sondern um Evolution. Dabei sollte er das Potenzial der Modellreihe voll ausschöpfen und auch längerfristig weiterentwickeln. Casali setzt bei den Volumen an, vergrößert sie und gibt den Lebensräumen mehr Fläche.

„Früher war das Cockpit nur zum Fahren da, heute integrieren wir es in die Erlebniszonen,“ erklärt Casali einen seiner Kunstgriffe. „Der Raum ist auf einer bestimmten Schiffslänge immer der gleiche. Wichtig ist, wie man ihn neu strukturiert.“ Auf dem Boot möchte man sich, wenn immer möglich, im Freien aufhalten, deshalb darf auch die Dinette mehr Openair‐Feeling erhalten. Zonen sollen variabel genutzt werden können, Sitzflächen verwandeln sich im Handumdrehen in Liegeflächen. Die Wetbar der S‐Linie gehört jetzt zu den größten ihrer Klasse, größere Fenster bringen Licht auch unter Deck und der Komfortfaktor wurde maßgeblich erhöht.

Yacht Design: Marco Casali mit dem Too Design Team.

Yacht Design: Marco Casali mit dem Too Design Team.

Boots‐ und Möbelbau Hand in Hand

Bei seinen Besuchen in Giebelstadt suchten Marco Casali und sein Team auch den direkten Kontakt zu den Boots‐ und Möbelbauern der Werft. Trotz Serienfertigung steckt immer noch sehr viel Handarbeit in einer BAVARIA‐Yacht und die Designer wollten die beiden unterschiedlichen Arbeitswelten genauer analysieren, um sie in ihrer Arbeit zu berücksichtigen. Die Neuerungen sollten nicht nur auf dem Papier gut aussehen, sondern auch optimal in den Produktionsworkflow passen.

Seit rund 10 Jahren entwirft Casali auch Superyachten bis zu 110 Metern. Während man dort für jede Extravaganz ein Plätzchen findet, muss man auf kleineren Booten mit dem bestehenden Raumangebot haushälterisch umgehen. Obwohl Casali und sein Too Design Team auch aus kleineren Projekten das Maximum an Volumen herausholen, sieht das nie plump aus. Zum „Italian Job“ gehören natürlich auch diese besondere Eleganz und sportliche Dynamik der Linienführung.

Design mit dem Zeichenstift: ein Entwurf von Marco Casali.

Design mit dem Zeichenstift: ein Entwurf von Marco Casali.

Das Exterieur einer Yacht aus Casalis Feder auf Papier.

Das Exterieur einer Yacht aus Casalis Feder auf Papier.

Design mit dem Zeichenstift

Und wie findet er Inspiration? „Auf Reisen funktioniert das am besten. Wenn ich unterwegs im Zug oder im Flugzeug quasi vom Studio abgenabelt bin, fließen die Ideen nur so in mein Notizbuch. Ich habe mein Studium mit Zeichentusche begonnen und mit dem Computer abgeschlossen. Aber kein so schneller Rechner kann wie ein Zeichenstift meine Ideen so direkt umsetzen."

Umweltverträgliches Design

Casali, der privat einen Tesla fährt, fühlt sich auch bei seiner Arbeit immer mehr der Umwelt verpflichtet. Neben den klassischen Powerbooten findet man auch spannende neue Konzepte auf seiner Referenzliste. Der Solarkatamaran Silent 79 ist nur ein Beispiel für die zukünftige Ausrichtung bei Yachtkonzepten. Auch Superyachten werden in Zukunft vermehrt ihre grüne Seite zeigen, wenn Antriebs‐ und Batterietechnologien weitere Fortschritte machen.

Die Zukunft: eine solarbetriebene Yacht.

Die Zukunft: eine solarbetriebene Yacht.

Marco Casali Too-Design ist ein Architektur- und Yachtdesignstudio mit Sitz in Rom. Seit seiner Kindheit hat der Gründer eine Leidenschaft für das Meer und die Schifffahrt. Nach Abschluss seines Architekturstudiums begann Casali in einem Innenarchitekturstudio zu arbeiten. Sein Interesse an der Bootsindustrie führte ihn jedoch dazu, näher ans Meer zu kommen, und so begann er sechs Jahre lang mit großen Designstudios zusammenzuarbeiten, die Projekte für Kunden wie Ferretti, CRN und Bertram realisierten. Im Jahr 2004 gründete er sein eigenes Studio und realisierte seitdem mehr als 300 Projekte für Unternehmen wie Itama, Bavaria, Nix Catamarans, ZL RIBs. Seit 2010 arbeitet Casali bei der Entwicklung von Großyachten von 30 bis 110 Metern für Werften vom Kaliber Benetti, ISA Yachts und Fincantieri.

www.marcocasali.com