Ankern in Buchten: Tipps und was man unbedingt beachten sollte
Interview mit Sönke Roever (BLAUWASSER.DE)
Sönke hat 80.000 Seemeilen Erfahrung im Kielwasser und von 2007 bis 2010 zusammen mit seiner Frau Judith die Welt umsegelt. Er veranstaltet diverse Seminare auf Bootsmessen und ist Autor der Bücher „Blauwassersegeln kompakt“, „1200 Tage Samstag“ und „Auszeit unter Segeln“. Sönke ist zudem der Gründer von BLAUWASSER.DE und regelmäßig mit seiner Frau Judith und seinen Kindern auf der – HIPPOPOTAMUS – unterwegs – aktuell an der spanischen Atlantikküste.
Eine geschützte Bucht, klares Wasser und endlich Ruhe. Ankern ist die perfekte Alternative zum Hafen.
Welche Rolle spielt der Grund der Bucht in der ich ankern möchte? Ist Sand besser als Felsen?
Der Ankergrund, beziehungsweise die Bodenbeschaffenheit, spielt beim Ankern eine wichtige Rolle, da sie maßgeblichen Einfluss auf den Halt des Ankers hat. Logischerweise gräbt sich ein Anker auf steinigem Grund viel schwerer in den Boden ein als es bei Sand oder Lehm der Fall ist. Insbesondere diese beiden Grundarten – Sand und Lehm – gehören daher zu den besten Ankergründen und bieten guten Halt fürs Schiff. Aufpassen sollten Skipper bei Seegras. Aufgrund der Wurzeln und je nach Dichte des Grasteppichs kann es unmöglich sein, den Anker hier in den Boden zu bekommen. Außerdem steht Seegras auf Inseln wie Mallorca unter Naturschutz und darf mit dem Anker nicht beschädigt werden.
Tipp: In vielen Seekarten ist die Bodenbeschaffenheit angegeben und in Form vom Buchstaben beschrieben. Das „S“ steht beispielsweise für Sand.
Sand, Pflanzen oder Felsen. Beim Ankern spielt der Meeresgrund eine wichtige Rolle.
Wieviel Ankerkette sollte ich beim Ankern geben?
In vielen Fachbüchern werden dazu pauschale Regeln genannt – etwa „die fünffache Wassertiefe“ – die in der Praxis so nicht funktionieren. Wichtig zu verstehen ist, dass neben der Wassertiefe auch der zu erwartende Wind, die Windangriffsfläche des Bootes und der Seegang am Ankerplatz eine Rolle spielen. Auch macht es einen Unterschied, ob ich nur mit Kette ankere, die ein hohes hilfreiches Eigengewicht hat oder ob ich eine Trosse verwende, die im Vergleich zur Kette weniger gut geeignet ist und länger gesteckt werden muss. Über den groben Daumen gepeilt bietet bei einer Kette die Annäherung 25 plus Wassertiefe eine gute Orientierung für die Mindestlänge.
Wie weit sollte ich von anderen Booten, die auch vor Anker liegen, entfernt liegen?
Grundsätzlich sollte ich mich so verankern, dass beim Schwojen genug Abstand zu den anderen Yachten bestehen bleibt. So gesehen könnte die Antwort „je weiter entfernt desto besser“ lauten. Oft ist der Platz in Ankerfeldern jedoch eher begrenzt und die Herausforderung besteht darin, die Verhältnisse auf engem Raum richtig abzuschätzen, wenn ich meinen Anker fallen lasse. Dabei sollte vom Ende zum Anfang „gedacht“ werden. Ich überlege mir zuerst, wo ich, wenn ich die Kette und die entsprechende Kettenlänge ausgebracht habe, liegen möchte und dann fahre ich entsprechend weit mit dem Bug vor, um den Anker fallen zu lassen. Während die Kette ausrauscht, sackt die Yacht dann entsprechend zurück – je nach Wind und Strömung.
Beim Ankern sollte man auf ausreichend Abstand zu anderen Ankerliegern achten.
Muss ich die ganze Nacht auf den Anker aufpassen oder gibt es andere Möglichkeiten?
Wichtig ist, dass ich den Anker nach Abschluss des Manövers in den Grund gut einfahre, indem ich mit dem Motor im Standgas leicht rückwärtsfahre. Dabei sortiert sich die Kette am Boden. Wenn der Anker hält und die Kette gespannt ist, erhöhe ich die Drehzahl langsam bis etwa 1.500 Umdrehungen. Dann muss der Anker immer noch halten – sonst stimmt etwas nicht. Das „Einfahren“ ist die wichtigste Voraussetzung für eine stressfreie Nacht vor Anker. Die weitere Überwachung überlasse ich dann der elektronischen Ankerwache. Dafür gibt es Apps oder ich nutze das GPS‐Gerät/den Plotter an Bord.
Mit der Fernbedienung zur Ankerwinsch ist Ankern nicht nur sicher, sondern auch einfach.
Wind, Strömung oder Tidenhub, auf was sollte ich da beim Ankern achten?
Je stärker der zu erwartende Wind wehen wird, desto mehr ausgebrachte Kette ist vereinfacht ausgedrückt hilfreich. Außerdem sollte ein Ankerstropp verwendet werden, da er wie eine Feder arbeitet und hohe punktuelle Lasten – etwa beim Einfallen einer Böe – vom Anker fernhält. Und in Tidenrevieren muss die ermittelte Länge der Kette zur Wassertiefe bei Hochwasser passen, während die Wassertiefe bei Niedrigwasser wiederum zum Tiefgang meiner Yacht passen muss, damit ich nicht aufsitze.
Tipp: Wenn der Wind in die eine Richtung weht und die Strömung in die entgegengesetzte Richtung läuft, können Yachten, die sich dann unruhig verhalten, mit einem Treibanker am Heck stabilisiert werden.
Wenn du mehr zum Thema Ankern erfahren möchtest, wirst du hier fündig:
https://www.blauwasser.de/ankern
Ein ausführliches Seminar zum Thema Ankern mit Sönke Roever findest du hier:
https://www.blauwasser.de/seminare/ankerpraxis‐tipps‐segeln‐seminar